Ewige Beweger, die alles bewegen - so nannte bereits Xenophon die Pferde. Und sie bewegen uns noch immer in vielerlei Hinsicht, oft sogar, ohne dass es uns bewusst ist.
- Zunächst bewegen sie offensichtlich sich selbst fast ständig, oft wunderschön anzusehen.
- Sie bewegen Lasten von A nach B, weil wir das wollen.
- Sie bewegen uns von A nach B, weil wir das wollen.
- Sie bewegen uns innerlich, weil wir es zulassen. Sie erobern unsere Herzen und wecken in uns Gefühle aller Art, von Angst über Bewunderung und Mut bis Zuneigung (alle aufzuzählen sprengt hier den Rahmen, Vollständigkeit wäre sowieso unmöglich)
- Sie bewegen uns körperlich, weil sie es können und wir es zulassen, es nicht einmal bemerken.
Beobachtet man eine Pferdeherde, gibt es immer Pferde, die andere Pferde bewegen. Mal mehr, mal weniger offensichtlich. Und das sind nicht immer die größten und stärksten, es sind die ranghohen Pferde. Die ranghöchste Stute sagt der Herde, wo es langgeht und wann und wohin Flucht angesagt ist. Sie sichert also mit ihrer Entscheidung das Überleben der Herde. Ihre Entscheidungen machen ihre Führungsqualität aus und sie wird regelmäßig auf Funktion getestet.
Ich will an dieser Stelle nicht über Rangordnung diskutieren, denn Pferde können sicherlich Menschen von Pferden unterscheiden und wissen, dass Menschen nicht Teil der Herde und Rangordnung sind, auch wenn manche Menschen der Meinung sind, sie müssten sich mit Pferden auf Rangkämpfe einlassen. Es geht hier vielmehr um Kommunikation und eine Sprache, die Pferde verstehen.
Derjenige, der die Richtung und das Tempo angibt, sichert das Überleben. Wer bewegt, der führt. Eine Frage von Aktion und Reaktion.
Und dem, der zuverlässig führt, wird vertraut. Allerdings wird dieses Vertrauen wird nicht geschenkt, sondern erarbeitet. Durch Aufmerksamkeit und Konsequenz.
Nur: wer bewegt denn wen?
Meistens lässt sich das Pferd bewegen, weil es gerade für das Pferd in Ordnung ist. Bis es das nicht mehr ist und das Pferd es selbst übernimmt, die Entscheidungen zu treffen, weil das Vertrauen in die Führungsqualität des Menschen eben nicht da ist. Weil der Mensch die Funktionstests gar nicht mitbekommt.
Und die Funktionstests können schon beim Führen beginnen:
- Mensch hat Pferd am Strick und geht mal los (Aktion), Pferd bleibt stehen (keine Reaktion), Mensch läuft in den Strick (Reaktion) = Tempokontrolle durch Pferd.
- Pferd beschließt, doch mitzugehen, aber das Gras am Wegesrand ist zu verlockend, Pferd geht grasen (Aktion), Mensch am Strick fliegt hinterher (Reaktion) = Richtungskontrolle durch Pferd.
Es geht sogar noch banaler:
- Pferd ist am Putzplatz angebunden, dreht sich herum (Aktion), Mensch springt aus dem Weg, damit Pferd ihm nicht auf den Fuß steigt (Reaktion) = Pferd bewegt Mensch.
- Pferd dreht den Kopf (Aktion) und Mensch weicht aus, weil er schon die Erfahrung gemacht hat, dass ein Pferdschädel echt hart ist (Reaktion)= Pferd bewegt Mensch.
Das ist keine Bösartigkeit und erfordert keine Strafe, sondern lediglich Aufmerksamkeit. Wer sein Pferd kennt und es beobachtet, sieht ihm am Gesicht und Ohrenspiel an, wenn es gedanklich auf Abwegen ist und kann der Entscheidung des Pferdes zuvorkommen:
- Dass das Pferd einen in den Strick laufen lässt, kann man dadurch verhindern, dass man das Pferd zuerst losgehen lässt (Aktion).
- Dass das Pferd grasen geht, kann man verhindern, indem man es auch beim Führen beobachtet (Aktion) und nicht hinter sich herschleift. Dann bekommt man nämlich mit, dass das Pferd überlegt, dass das Gras schön grün ist und kann agieren anstatt zu reagieren. Indem man vielleicht noch einmal an die aktuelle Aufgabe, nämlich mitgehen erinnert(Aktion), anstatt draufzuhauen (Reaktion), wenn es schon passiert und die Pferdenase im Grünzeug ist (Aktion).
Pferde haben kein Problem damit, sich führen zu lassen, es liegt in ihrer Natur.
Nur Menschen haben ein Problem damit, zuverlässig zu führen.
Das Pferd wird sich in wirklich brenzligen Situationen nur dann auf den Menschen verlassen und nicht die Entscheidung treffen, vor dem von hinten kommenden Trecker auf die Bundesstraße zu fliehen, wenn der Mensch immer zuverlässig führt und Sicherheit und Überleben garaniert.
Also: Beobachtet Euch mal im Umgang mit Euren Pferden und zählt mal mit, wie oft sie Euch bewegen.
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